Häng dich richtig rein!

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Sportlich war Raphael Kiemann schon immer. Als Junge war er mit dem Mountain-Bike oder dem Rennrad rund um Kappelrodeck unterwegs, später kam der Fußball dazu. Doch richtig gepackt hat es ihn mit 14 Jahren im Trainingsstudio „Wedo“ in Ottenhöfen: „Da habe ich das Kickboxen für mich entdeckt. Schon nach einem Jahr durfte ich an Wettkämpfen teilnehmen – und kam nie ohne Medaille nach Hause.“ Es stellte sich eine Erkenntnis ein, die er heute als Schlüsselerlebnis

für seinen weiteren Lebensweg sieht: „Ich habe gemerkt: Wenn ich gezielt trainiere, kann ich besser werden.“ Und Mentor
Roland Conar traute ihm noch mehr zu: „Als ich erste Kindertrainings übernommen habe, war es für mich ganz natürlich,

vor der Gruppe zu sprechen“, erinnert er sich rückblickend. Zwei wichtige Voraussetzungen, um dahin zu gelangen, wo er heute steht. Doch zunächst mussten Realschule, Fachhochschulreife und Bundeswehr absolviert werden.

 

Dann erzählte der Bekannte eines Freundes von der Sport- und Gymnastikschule in Karlsruhe, bei der er sich anmelden wollte. „Ich habe mich sofort darin gesehen“, erzählt Raphael Kiemann. „Ironie des Schicksals: Ich hab’s gemacht, er nicht.“ Die Ausbildung auf der staatlich anerkannten Privatschule könne man mit einem Sportstudium vergleichen, sei aber mehr an der Praxis orientiert. Auch typische Mädchensportarten wie rhythmische Sportgymnastik standen auf dem Stundenplan. Kiemann hatte damit kein Problem: „Ich hab’s geliebt!“ Wenn seine Kommilitonen ausgepowert von den langen Tagen auf dem Nachhauseweg im Zug einschliefen, vertiefte sich Raphael in Fachbücher: „Ich wollte unbedingt wissen: Wie kann ich den Körper kontrollieren und besser machen?“

 

Nach seinem Abschluss lebte er ein Leben, von dem viele Träumen: im Sommer als Animateur auf Rhodos, Fuerteventura und Mallorca arbeiten, anschließend überwintern in Australien. Nach einigen Jahren schlich sich in diesen Rhythmus das Gefühl der Monotonie ein: „Es war immer das Gleiche.“ Raphael Kiemann suchte Veränderung und fand sie, zurück in Deutschland, in einem Fitnessstudio. Hier trainierten Menschen, die acht Stunden im Büro gesessen hatten, einseitig gewisse Körperpartien. Wenn jemand Schmerzen hatte, hieß es: „Dann lass die Übung weg.“ Kiemanns Erkenntnis:„Geräte unterstützen die Gesundheit nicht.“ Und: „Das Training im Fitnessstudio bringt den Leuten nicht, was sie wollen: gut aussehen, mehr Beweglichkeit, weniger Nackenschmerzen.“ Auch ihm selbst machte das Training keinen Spaß.

 

Er bildete sich weiter, forschte im Internet, begann, mit Geräten zu experimentieren, die damals in Deutschland kaum bekannt waren und die im Gegensatz zu den Geräten im Fitnessstudio den ganzen Körper beanspruchen: mit sogenannten Kettlebells, auf Deutsch Kuhglocken – Kugelhanteln, die sowohl Kraft als auch Ausdauer trainieren. Und mit den heute bekannten TRX-Schlingentrainern also nicht-elastischen Gurtsystemen, die er im Internet gesehen und nachgebaut hatte. Um mit diesen neuartigen Geräten trainieren zu können, gründete er eine Outdoor-Gruppe und meldete parallel ein Kleingewerbe als Personal Trainer an. Dass die meisten seiner Kunde Unternehmer waren, „hat sich einfach so ergeben“.

 

„Wo stehst du und was brauchst du?“ waren die Fragen, die Raphael Kiemann sich gemeinsam mit ihnen stellte. „Mir war früh wichtig, mit den Menschen etwas zu erreichen“, sagt er – auch mit Blick auf sein eigenes frühes Schlüsselerlebnis im Kickbox-Studio. Dabei fiel ihm auf, dass vielen seiner Kunden die Grundbeweglichkeit fehlte, um überhaupt Sport treiben zu können. Die könne man nur erreichen, indem man alle Teile des Körpers regelmäßig nutzt. „Use it or loose it“ – das habe im Grunde schon Turnvater Jahn gewusst.

 

Seine Schützlinge aus der Outdoor-Gruppe und den Personal Trainings führte er 2016 zusammen: Mit Nadine Bühler, einem engagierten Mitglied der Outdoor-Gruppe und im Hauptberuf im Marketing bei Uhu, gründete er die Trainingsgemeinschaft „Cross-Zone“. Ort war eine alte Produktionshalle in Bühl, die er in Handarbeit mit der Hilfe seines Vaters (ein Schreiner, wie praktisch!) aufmöbelte. Bald darauf spaltete sich Nadine Bühler mit ihrem Yoga-Studio Relax-Zone ab. Raphael Kiemanns Cross-Zone wurde zur Move-Zone, und 2020 trennten Kiemann und Bühler ihre beiden Bereiche zu zwei völlig unabhängigen Unternehmen.

 

Im gleichen Jahr nahm Raphael Kiemann seine Personal Trainings wieder auf. Diesmal mit einem ganzheitlichen Angebot für Unternehmer. Denn nicht nur an Bewegung mangele es dieser Zielgruppe oft, sondern auch an gesunder Ernährung und ausreichend Schlaf. An Stellschrauben im Leben seiner Kunden zu drehen, geht viel leichter, wenn sie das richtige Mindset haben, hat Kiemann festgestellt. „Um in den Bereichen Bewegung und Ernährung Ergebnisse zu sehen, dauert es mehrere Monate. Bei der Persönlichkeitsentwicklung sind manche nach einer Stunde oft als anderer Mensch rausgegangen.“ Zu sich zu stehen und nicht zu glauben, dem Mainstream folgen zu müssen, sieht er als die größte Baustelle. „Ich möchte Unternehmer fit machen, damit sie tolle Sachen machen können“, fasst er zusammen.

 

Fazit: Wem es selbst gut geht, der ist ausgeglichener zu seinem Umfeld, hat zufriedenere Mitarbeiter, kann Besseres in kürzerer Zeit erreichen und damit sein Leben mehr genießen.

 

Raphael Kiemann Next 1

 

Text: Janine Ak

Fotos: Raphael Kiemann